Törnbericht Rund Rügen und Peene-Strom vom 19.06. - 25.06.2021 

27. Juni 2021 | Bericht von Christoph Plachetta

Freitag

Nach neunstündiger Anreise am Freitag, den 18.06. sind alle sechs Crew-Mitglieder kurz nacheinander in der City-Marina von Greifswald an der Ryck in der Nachbarschaft der Hansewerft eingetroffen. Wir konnten das Boot, eine Dufour 43 mit Namen „Starlight“ schon am Abend beziehen und auch dort übernachten. Leider gab es keinen Chip an Bord zur Benutzung der sanitären Anlagen im Hafen, was die Freude über die gute Ankunft schmälerte. Den Chip erhielten wir erst um 7 Uhr am nächsten Morgen! Da auch das Hafenrestaurant bereits geschlossen war, fuhren Isabel und Martin in die Stadt, um etwas Essbares zu besorgen. Sie kamen von dem einzigen noch offenen Dönerladen zurück mit „Döner mit allem für alle“. Zum Glück hatten wir genügend Bier mitgebracht – zum Herunterspülen. 

Das Boot, Baujahr 1998, machte schon einen etwas antiquierten Eindruck, war technisch aber bis auf kleinere Mängel in Ordnung (z.B. Toilettenpumpen!). 

Ausgerüstet ist die Yacht mit einem Gennaker, das wir unbedingt ausprobieren wollten. Dazu später mehr. Der Tiefgang beträgt 1,5 Meter, so dass auch flachere Strecken in den Boddengewässern sicher zu befahren sein sollten. 

Samstag

Am Samstag ging es mit leichtem Wind nach Rügen, um das Boot kennen zu lernen, an der Halbinsel Mönchgut vorbei in die Bucht Having. An ihrer nördlichen Seite weist sie einen flussähnlichen Einschnitt auf, an dem der kleine Hafen Seedorf inmitten einer idyllischen Landschaft liegt. 

Nach einem zünftigen Anlegerbier wurde erstmal gekocht (Gerlinde´s Lachs-Gemüsepfanne) und sehr gut gegessen. 

Sonntag

Am Sonntagmorgen schauten wir uns den Gennaker genauer an. Dazu wurde das gute Stück auf einer Wiese am Seedorfer Hafen ausgepackt und eine Trockenübung mit Tuch, Leinen sowie dem Bergeschlauch durchgeführt. Dann wieder verpackt, an Bord gebracht und abgelegt in Richtung Greifswalder Bodden. Ziel war der kleine Hafen Freest an der Mündung des Peenestroms an der mecklenburgischen Küste. 

Unterwegs gab es einen Halt mit Ankermanöver vor der kleinen Insel Ruden im Bodden, die nicht mehr bewohnt ist und deren Hafen auch nicht mehr angelaufen werden darf. Der Stop war als Badeaufenthalt geplant, das Baden musste aber wegen ungünstiger Windverhältnisse aus Sicherheitsgründen abgesagt werden. Der Ankerball wurde gesetzt!

Nach dem Lichten des Ankers war es nur noch eine kurze Fahrt bis Freest, an dessen Yachthafen wir wegen der Grösse des Bootes am Kransteg festmachen durften. Auf Empfehlung des Hafenmeisters, der in einem Wohnwagen direkt neben den Stegen logierte,  ging es zum Abendessen in das Restaurant „An der Waterkant“ mit ausgezeichneten Fischgerichten. 

Der Wetterbericht sagte für die Nacht und den nächsten Tag schwere Gewitter voraus. 

Montag

Die Gewitter hielten sich an unserem Standort in Grenzen, so dass wir am Montag Vormittag noch Fischbrötchen und Fisch als Proviant beim örtlichen Fischereibetrieb kaufen konnten. 

Geplant war ein Ablegen in die Ostsee in Richtung Rügen, was wir aber auf Anraten  des Hafenmeisters und seiner Wetterprognose nicht taten. 

Er empfahl uns vielmehr, den Peenestrom südwärts zu fahren in Richtung Stettiner Haff und dort um die Insel Usedom herum durch die sogenannte „Kaiserfahrt“ wieder zurück in die Ostsee zu gelangen. Es wäre eine reizvolle Landschaft und da der östliche Teil von Usedom schon in Polen gelegen ist, könne man dort in den Häfen gut und günstig essen. 

So fuhren wir denn im Peenestrom nach Süden. Vorbei an Peenemünde, hinter dessen Hafen noch der monströse Backsteinbau des alten Kraftwerks der ehemaligen „Heeresversuchsanstalt“ zu sehen war. Von dort sind die ersten Großraketen (V2) in den Weltraum geschossen worden, die dann später Tod und Verderben nach London und Antwerpen brachten. 

Wenig später erreichten wir die Stadt Wolgast (alles unter Motor) und legten im Hafen der Schiffswerft Horn an, da wir auf die Öffnung der großen Klappbrücke über die Peene warten mussten. Die 2stündige Wartezeit überbrückten wir mit einem Stadtspaziergang und Eiskaffee bzw. Eisschokolade.    

Wieder im Boot fuhren wir durch die geöffnete Klappbrücke weiter südwärts durch eine ursprüngliche und an den Ufern weit mit Schilf bewachsene Flusslandschaft. Die Strecke ist gut ausgetonnt und mit einer Soll-Wassertiefe von 2,5 Metern in der Karte ausgezeichnet. 

Genau zwischen den Tonnen PN68 und PN57 war unsere Fahrt zu Ende! Mit einen Rumms kam das Boot durch Grundberührung zum Stillstand. Der Tiefenmesser sprang abrupt von 2,5 Meter auf 1,2 Meter – zu wenig für unsere Yacht. 

Durch sofortiges Einlegen des Rückwärtsgangs und Betätigen des Bugstrahlruders konnten wir langsam wieder von der Sandbank frei kommen.Auch ein zweiter Versuch, die Flachstelle zu passieren misslang.  

Daher gingen wir auf Gegenkurs zurück nach Wolgast. Dort angekommen hatten wir wieder 2 Stunden Zeit bis zur nächsten Öffnung der Klappbrücke. Wir legten bis dahin am Stadtanlieger an der Hafenstrasse an, dem Liegeplatz für die Flusskreuzfahrtschiffe. Es waren aber weit und breit keine zu sehen. 

Wir nutzten die Zeit mit der Zubereitung eines schmackhaften „Restemenüs“. Eine Kontrolle der Kielbolzen in der Bilge zeigte keine Risse oder sonstige Schäden an, so dasswir einigermaßen beruhigt waren. 
Sobald die Brücke öffnete, fuhren wir weiter in Richtung Ostsee bis zum neuen Yachthafen in Kröslin, den wir um 22 Uhr 30 erreichten und dort im letzten Tageslicht (Sommersonnenwende!) anlegen konnten. Der Hafenmeister war noch erreichbar, da es hier eine „Nachtschicht“ bis 2 Uhr morgens gibt. Viele Yachten, die aus dem Baltikum und aus Polen kommen, machen in Kröslin noch spät Station. So kam es, dass wir die neuen Sanitäranlagen noch in der Nacht nutzen konnten. 

Dienstag

Vor dem Ablegen am Dienstag wurde der dortige kleine Supermarkt zum Proviantaufnehmen genutzt. Dann ging es wieder zurück in die Ostsee. Geplant war ein großer Schlag nach Rügen mindestens bis Sassnitz oder noch besser in den Hafen von Lohme auf der Halbinsel Jasmund. Der Wind hatte aufgefrischt auf 4, in Böen auf 5-6. so dass wir zügig Fahrt machten. Das Großsegel wurde auf Reff 2 verkleinert. Im weiten Abstand ging es an der Prorer Wiek und an Sassnitz vorbei in Richtung auf die Kreideküste. Jetzt mussten wir aufgrund geänderter Windverhältnisse häufiger kreuzen, konnten aber kaum noch Raum nach Norden gewinnen. Der große Kreidefelsen, genannt Königsstuhl, war schon in Sichweite, als wir die Genua einrollten, das Groß dichtholten und den Motor anwarfen, um gegen Abend noch den Hafen von Lohme zu erreichen. Unterwegs begegneten uns jetzt noch einige Versorgungsfrachter mit großen Ladebuchten, die in Richtung Norden unterwegs waren. Ob sie Rohre für die Nord Stream 2-Pipeline an Bord hatten, konnten wir allerdings nicht ausmachen. Endlich kam der Hafen von Lohme in Sicht. Oder besser die Schutzmauer des Hafens aus gewaltigen Findlingsblöcken, die in dieser Rügener Gegend besonders häufig zu finden sind. Die Einfahrt war schmal und eng, der Hafen für große Yachten noch enger. Zum Glück kam der Hafenmeister angelaufen und erlaubte uns am Steuerbordsteg unmittelbar nach der Einfahrt festzumachen. Nach Erledigung der Formalitäten, bot er uns noch an, Brötchen nach unserer Wahl zu bestellen, die er dann am nächsten Morgen für uns mitbringen würde. Das Angebot haben wir sofort angenommen, da vom Hafen bis in den Ort Lohme eine Treppe mit 230 Stufen über die Steilküste nach oben führt. Diese Treppe mussten wir dann allerdings doch noch überwinden, da wir geplant hatten, in Lohme in einem Restaurant zu essen, was wir im „Daheim“ taten, mit reichlich Fisch und gut bürgerlicher Küche. Auch das war eine Empfehlung des Hafenmeisters. So klang der Abend schön aus mit Sonnenuntergang und Abendrot über der Ostsee. In der Nacht konnten auch noch „leuchtende Nachtwolken“ am Westhorizont beobachtet werden! Es handelt sich hierbei um Eiswolken, die bis in 80 Kilometer Höhe reichen und noch von der kaum unter dem Horizont stehenden Sonne angeleuchtet werden. Sie sind nur in höheren Breiten und nur in den Sommermonaten zu beobachten.

Mittwoch

Nach dem Ablegen am Mittwoch, nahmen wir Kurs auf Kap Arkona, die Nordspitze von Rügen. Wir kamen dem hohen Kap ziemlich nahe, so dass wir die beiden charakteristischen Leuchttürme gut beobachten konnten. Allerdings kam der Wind jetzt für uns ungünstig direkt aus Westen, so dass wir wieder teilweise mit Motor fahren mussten. An dieser nördlichen Küste Rügens gibt es viele Sandstrände und dahinter liegende Campingplätze, die oft von sogenannten Wasserwanderern genutzt werden – Kajakfahrer, die die Küste entlangpaddeln. Einigen sind wir selbst begegnet. Sie sind aufgrund ihrer geringen Höhe zwischen den Wellen nur schwer auszumachen, so dass man höllisch aufpassen muss, sie nicht zu überfahren. Kurz nach dem Passieren von Rügens Nordküste kam es darauf an, die richtige Tonne für den Abzweig nach Süden zu Rügens kleiner Schwester Hiddensee zu finden. Endlich tauchte am Horizont die rot-weiße Fahrwassertonne „Hiddensee“ auf. Von dieser Tonne aus kann man schon die scheinbar endlose Abfolge der rot-grünen Tonnenpaare sehen, die das Fahrwasser zu den Inselhäfen markieren. Es ist ratsam, hier besonders vorsichtig in der Mitte zu navigieren, da es am Rand schnell sehr flach wird. Wir hatten uns den Hafen Vitte in der Mitte der Insel ausgesucht. Auf dem Weg nach Vitte gab es noch 3 weitere Fahrwasserabzweigungen – alle sehr eng und von flachen Zonen umgeben. Und dann kam uns auch noch die Fähre entgegen, die regelmäßig zwischen Stralsund und Hiddensee pendelt. Wir drehten nach Steuerbord ab. Es kam aber doch noch zu einer engen Begegnung mit vielleicht 3 Metern Abstand voneinander und starkem Wellenschlag. Die Passagiere auf dem Dampfer winkten fröhlich zu uns herüber! Auf den letzten Metern nach Vitte gab es nochmal einen Abzweig mit privater Betonnung (rot und grün bemalte Plastikkanister) zum Yachthafen Lange Ort, wo wir dann glücklich festmachen konnten – ohne Grundberührung! Es folgte der obligatorische Anleger und dann noch schnell ein Einkauf in Vittes gut sortiertem Supermarkt. Jetzt war wieder Kochen angesagt. Martin verwöhnte uns mit seiner schmackhaften, fernöstlichen Hühnchenpfanne. Es folgten Ausruhen bzw. Spaziergang zu Hiddensees Westküste mit fantastischem Sonnenuntergang.

Donnerstag

Donnerstag konnten wir es etwas ruhiger angehen lassen, da die nächste Etappe Richtung Stralsund nicht so weit war. Vor dem Ablegen brachen wir noch zu einer kleinen Wanderung in Richtung Kloster, dem nördlichen Ort auf Hiddensee auf. Autos gibt es hier nicht; nur Fahrräder und Pferdefuhrwerke. Kloster ist ein wunderschöner Ort mit alten reetgedeckten Häusern inmitten großer Bäume und ausgedehnten Wiesen. Einige Hundert Meter weiter geht es schon über die Dünen an den westlichen Strand. Strand und Dünen erinnern etwas an Sylt, nur eben kleiner. Hiddensee macht einen entspannten, ruhigen Eindruck, auf dem sich sicher ein wunderbarer Urlaub verbringen lässt. Wir aber legten ab und fuhren den Tonnenstrich südwärts an der Insel entlang in Richtung Stralsund. Aber da war ja noch der Gennaker! Der Wind kam leicht aus Nordwest, also genau richtig für unseren Kurs. Allerdings war die Betonnung einige Meilen noch sehr eng, so dass wir abwarteten, bis wir ein stückweit in den Kubitzer Bodden kamen, in dem es mehr Freiheit zum Manövrieren gab. Jetzt also raus mit dem großen Tuch aus der Backskiste. Noch verpackt in einem großen Sack wurde es zum Bug geschleppt, ausgepackt und mit der vorderen unteren Ecke an einem kürzeren Tampen an einer Öse am Bug angeschlagen. Der Kopf (die vordere obere Ecke) wird am Spinnakerfall befestigt, mit dem der Gennaker inklusive Bergeschlauch hochgezogen werden kann. Die Schot war bereits am Schothorn angeknotet, wird jetzt aber außerhalb der Reling vorbeigeführt, am Heck durch eine Klüse ins Cockpit geleitet und um eine Winsch gewickelt. Jetzt war alles vorbereitet: Spifall hochziehen zum Gennaker setzen – Bergeschlauch mit eigener Leine runterziehen – Schot nachführen und wunderbar: der Gennaker entfaltet sich wie ein riesiger Drache, den man in den Himmel steigen lässt! Ein toller Anblick, und schon nimmt das Boot auch bei geringem Wind deutlich an Fahrt auf. So segelten wir, bis Stralsund mit seinen Kirchturmspitzen und der großen Rügenbrücke in Sicht kam. Unmittelbar hinter der neuen, großen Brücke, die ohne Probleme von Segelyachten passiert werden kann, gibt es noch die alte Ziegelgraben-Klappbrücke, auf deren Öffnung wir noch fast 2 Stunden warten mussten. Also legten wir kurzerhand an der Nordmole des Stralsunder Stadthafens an. Leider mussten wir für die 2-stündige Liegezeit die Tagesgebühr von 27 € beim Hafenbüro bezahlen! Es war noch Zeit für ein Fischbrötchen am Hafen und für einen Stadtrundgang durch die prachtvolle Altstadt. Dann schnell wieder aufs Boot, ablegen und durch die schon geöffnete Ziegelgrabenbrücke. Nach kurzer, gut betonnter Fahrt durch den Strelasund machten wir im kleinen Yachthafen von Neuhof fest. Im Hafenrestaurant konnten wir gerade noch einen Tisch ergattern und für jeden ein schönes Fischgericht bestellen, obwohl der Koch eigentlich schon Feierabend hatte, was noch zu lautstarken Diskussionen in der Küche führte.

Freitag

Am Freitag ging es dann weiter durch den letzten Teil des Strelasundes bis wir wieder in den Greifswalder Bodden kamen. Hier konnten wir nochmal den Gennaker setzen und damit in ruhigem Vorwindkurs bis zu den Ansteuerungstonnen in die Greifswalder Bucht fahren. Unter Motor ging es dann weiter durch die Mündung des Flüsschens Ryck durch die bereits geöffnete Klappbrücke in Greifswald Wieck zum Stadthafen und zu unserem Anlieger von Ecosail. Das Anlegemanöver gestaltete sich nochmals aufregend. Als wir rückwärts an den Dalben vorbeifuhren legten wir die Vorleinen über die Dalben und belegten mit den Leinenenden die Klampen auf dem Boot. Allerdings waren wir noch 2 Meter mit dem Heck vom Steg entfernt. Die Vorleinen waren zu kurz um weiter zu fieren! Unsere Nachbarn machten uns darauf aufmerksam, dass die Dalben auf der Oberseite 2 Haken hätten, in die man die Schlingen der Vorleinen einhängen kann, und so die Leinen langsam gefiert werden können, bis das Heck richtig zum Steg liegt. Beim Ablegen hatten wir uns das nicht gemerkt. Es ist also immer wichtig, sich die Situation, wie das Boot festgemacht ist, einzuprägen oder darauf zu schauen, wie die Nachbarn liegen! Trotzdem konnten wir letztlich das Boot gut vertäuen und wir waren glücklich wieder zurück. Jetzt blieb uns leider nur noch aufzuräumen, auszuladen und uns zu verabschieden. Am Steg war sehr viel Betrieb; es sah so aus, als ob die nächsten Crews schon auf die Bootsübergabe warteten. Leider war unsere Reise wieder mal viel zu schnell zu Ende gegangen. Zum Glück war niemand verletzt oder das Boot beschädigt worden. Auch die Grundberührung im Peenestrom hat am Kiel keinen Schaden hinterlassen, wie sich bei der Übergabe herausstellte. So konnten wir dann unbeschwert die Heimreise antreten.
Fazit: Es war eine sehr abwechslungsreiche und spannende Reise, die jeden Tag neue Eindrücke und Erfahrungen mit sich brachte.

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