Törnbericht "Ionisches Meer" vom 11. - 18.6.2022

Törnbericht "Ionisches Meer" vom 11. - 18.6.2022

Am Samstag, dem 11. Juni 2022, gingen wir als Crew von 6 Personen im Yachthafen von Lefkas an Bord der Enalia, einer Bavaria 46 Cruiser, Baujahr 2007. Wegen unseres frühen Fluges hatten wir Early Check-in bis 14 Uhr gebucht, was von Ble Yachting auch eingehalten wurde. Die kurze Wartezeit verbrachten wir mit einem kleinen Mittagessen in einem Hafenlokal gleich neben dem Büro des Vercharterers. Dabei wurden die Einkäufe abgesprochen, die in einem naheliegenden Supermarkt gemacht werden sollten. Nach der Bootsübernahme mit Dokumentation der vorhandenen Schäden, wurden die Kabinen belegt. Das Boot war in einem altersentsprechend guten Zustand. Im Lauf des Nachmittags lieferte Ble Yachting nach und nach die noch fehlenden Teile wie Gläser, WiFi-Router, Außenborder, Bettwäsche…. Der Einkauf wurde in Ruhe verstaut. Nach der erfrischenden Dusche in den Hafenanlagen gab es in der sehr lebhaften Innenstadt bei der zentralen Kirche Duomo du Lefkada sehr leckeres griechisches Essen. Nach der langen Anreise wollten wir erst am Sonntag den Hafen verlassen.

Bild 1: Blick auf Ostseite der Insel Skorpios

Am Sonntag liefen wir nach der Sicherheitsunterweisung bei strahlender Sonne um 10 Uhr aus dem Hafen und drehten direkt an der Hafenausfahrt in den Kanal Richtung Süden ein. Dort reihten sich die Boote wie an einer Perlenschnur hintereinander. Der Kanal ist breit genug, dass eilige Skipper trotz Gegenverkehrs überholen können. Nach 2 sm öffnete sich hinter der Festung das von vielen Inseln geprägte Ionische Meer. Unser erstes Ziel war eine Bucht im Osten von Meganisi. Wir hatten uns für Ormos Ampelakia entschieden. Neben einem kleinen Bootssteg warfen wir Anker. Es war das erste Bad im Ionischen Meer. Wir waren vom warmen Wasser überrascht. Ein Teil der Crew schwamm zum Boots­steg und ging dort an Land. Eine kleine Kapelle war zu sehen, die uns neugierig machte. Ein Mann mit Zigarre und eine Frau kamen zur Sitzgruppe am Steg. Ich fragte, ob das Privatbesitz sei, weil ich kein Schild sah. Beide waren entspannt. Der Mann sagte, es sei Privatbesitz. Ich zeigte mich verwun­dert, entschuldigte mich und verwies auf die Kapelle. Er sagte, sie sei neueren Datums und wie die im ländlichen griechischen Stil gebaute Villa aus Natursteinen errichtet. Er sei fürs Wochen­ende aus Athen gekommen und genieße die Sonne und das Meer. Bald ginge es wieder zurück. Er erkundigte sich woher wir kamen und ob wir schon mal in Griechenland gewesen waren. Eine lockere Unterhaltung am Steg in nasser Badehose war entstanden. Es war eine erste sehr angenehme Begegnung mit einem Einheimischen. Wir zogen uns ins Wasser zurück, und er genoss seine Zigarre, während er seiner Begleiterin zuschaute.

Auf unserer weiteren Route nach Vathy auf Ithaka nutzten wir jeden brauchbaren Wind um Segel zu setzen und erreichten den weitläufigen Hafen um 18 Uhr. Am südlichen Ende des Hafens fanden wir gerade noch rechtzeitig einen Platz am Kai und machten an den Ringen fest. Eine Leine zum Nachbar­boot verhin­derte, dass andere Schiffe versuchten, den schmalen Zwischenraum, für den es aber keine geeigne­ten Befestigungsmöglichkeiten am Ufer gab, anzufahren.

Bild 2: Yachten vor Meganisi

Dort versuchten wir mit Essig unserer freundlichen Nachbarcrew die Logge in Gang zu bringen. Es gelang aber nicht. Duschen und Toiletten gab es in einem Hotel etwa 300 m entfernt am anderen Ende des Hafens. Für zwei Euro durfte man Bäder von momentan nicht belegten Hotelzimmern benutzen. Wenn diese Bäder belegt waren, dann ging es ins erste OG durchs Wohnzimmer der Hotelbesitzer in deren Bad. Abendessen gab es in Hafennähe in der Taverne „Poseidon“ gleich bei dem örtlichen Museum und der berühmten Statue des Poseidon mit stark abgegriffener Männlichkeit. Der Hauswein war ebenso schmackhaft wie die gerne verzehrten Fischspezialitäten. Die Sicht auf die berühmte Statue ließ uns an evtl. bevorstehende Herausforderungen denken.

Für den Montag war ein langer Schlag hinüber zur weit südlich liegenden Insel Zakynthos geplant. Deshalb legten wir um 10:30 Uhr ab. Schon 10 Minuten nach dem Start mussten wir um unseren Plan fürchten. Nach einem Temperaturalarm und Kühlwasser in der Motorbilge gingen wir eiligst nahe der Küstenwache auf der Nordseite der Hafenausfahrt vor Anker. Ble Yachting schickte uns zwei Mon­teure, die schon nach ½ Stunde mit dem Auto auf dem Fähranleger standen. Nach dem Anlegen suchten die beiden Männer vergeblich nach der Leckage. Sie zogen aber alle Schellen nach. Unsere Crew bewunderte solange das Ablegen eines großen roten Katamarans mit rein weiblicher und dennoch sehr diverser Besatzung. Die Monteure gaben uns  in gebrochenem Englisch Hand­lungs­empfehlungen für das evtl. erforderliche Nachfüllen von Kühlwasser. Sicherheitshalber übersetzte mir der deutschsprachige Grieche einer nahe gelegenen Taverne die wichtigsten Punkte vom Griechischen in sehr gute deutsche Sprache. So gut vorbereitet entschieden wir Kurs nach Poros (Kefalonia) aufzunehmen. Das Kühlwasserproblem war beseitigt. Wir beschlossen dann noch einen 20minütigen Badestopp einzulegen. 

Bild 3: Badestopp vor Vathy auf Ithaka

Die helle von Wald umgebene flache Bucht Ormos Skhoinos lud zum Schwimmen ein. Das Ankern war schwierig, denn der helle Grund erwies sich nicht als Sand, sondern als eine große ebene Fels­platte mit Überhängen und Spalten. Außer zwei Tauchern und einem anderen Segelboot war nie­mand in der Nähe. Wir schwammen, und die Anspannung vom Kühlwasserverlust fiel von uns ab.  Das Wasser war wunderbar klar, warm und sehr angenehm.

Nach zwei Stunden nahmen wir Kurs nach Poros auf. Wegen des zu schwachen Windes mussten wir unter Motor fahren. Etwa 3 sm vor Poros konnten wir weit voraus Schwertfische bei der Jagd sehen. Einer war mit ganzem Körper senkrecht aus dem Wasser gesprungen.

In Poros wurden wir von einem sehr freundlichen und hilfsbereiten Hafenmeister begrüßt, wie ich ihn noch nie zuvor erleben durfte. Mit Nachbarschaftshilfe machten wir an einem neuen Schwimm­steg längsseits fest. Wir hatten dort guten Schutz, und auch die Wellen vom nahen Fähranle­ger spür­ten wir nur wenig. Leider gab es keine guten Sanitäranlagen. In einem etwas abseits liegen­den Kaffee hätten wir duschen können, aber wir zogen die Bordduschen vor. Zum Abendessen be­stie­gen wir auf Empfeh­lung des Hafenmeisters einen naheliegenden Berg. Von der Terrasse des Sunset Restaurants hatten wir einen grandiosen Abendblick Richtung Norden, von wo wir hergekommen waren.

Nach dem freundlichen Empfang durch die Bedienung  gab es  wieder eine Auswahl an Vorspeisen, viel leckeren Fisch, Oktopus und Tintenfische sowie geröstetes Tomatenbrot. Das schmackhafte Essen wurde kreuz und quer über den Tisch getauscht, damit jeder von allen Leckereien zumindest probieren konnte. Der Abend hoch über dem Hafen wurde vom Blick auf den roten Sonnenuntergang hinter der Insel begleitet. Der steile Fußweg zurück war zwar beleuchtet, aber nur nach Ausleuchtung mit Handys konnte der Pfad sicher begangen werden. Nach dem Weinkonsum war unser Platzbedarf auch etwas größer als beim Aufstieg.

Für den Dienstag hatten wir uns trotz des Zeitverlusts durch die Kühlwasserreparatur vorgenommen, die Nordküste von Zakynthos zu erreichen. Schon in der Vorbereitung des Törns hatte ich das Ziel als sehr verlockend empfunden. Deshalb brachen wir schon um 8:30 Uhr auf und frühstückten in Fahrt. Trotz schwachen Windes setzten wir für ½ Stunde Segel, mussten aber den längsten Teil der Strecke unter Motor fahren.

Die großen Grotten konnte man schon aus der Ferne sehen. Die dort verkehrenden Touristenschiffe wiesen auch auf die Sehenswürdigkeit hin. Wegen des sehr steil abfallenden Ufers, gab es nur wenige Ankermöglichkeiten und die Buchten waren überdies bereits belegt. Wegen des Seegangs ersparten wir uns das Zuwasserlassen des Dinghys vom langsam fahrenden und schwankenden Boot.

Bild 4: Blick vom Sunset Restaurant oberhalb von Poros auf Kefalonia

Bei der Vorbeifahrt konnten wir einen guten Eindruck von den Grotten gewinnen und die Blau­fär­bung war nicht zu übersehen. Der hohe Sonnenstand war ideal, damit der Effekt gut zur Geltung kam. 

Bild 5: Blue Caves auf Zakynthos

Bild 6: Bucht im Norden von Zakynthos

Wir fuhren weiter die Küste entlang Richtung Südwesten und kamen aus dem Staunen kaum heraus. Am Fuß der steil abfallenden weißen Klippen fanden sich mehrere von der Landseite unzugängliche Buchten mit intensiv aquamarinblauem Wasser.

Bild 7: Blaue Bucht auf Zakynthos

Bild 8: Shipwreck Bay auf Zakynthos

Die Reflektionen sorgten auch für eine blaue bis blaugrüne Bestrahlung der Klippen aus der Tiefe des Meeres. Die Sonne stand senkrecht darüber, so dass die Klippen selbst nicht direkt von der Sonne, sondern nur indirekt aus dem Wasser bestrahlt wurden. Es war ein magisches Licht.

Unsere Küstentour vor Zakynthos endete an der Shipwreck Bay, wo ein gestrandetes Schmuggler­schiff zur Touristenattraktion geworden ist. Das Wrack liegt vollständig auf dem Strand und wurde von unzähligen Touristen besichtigt, die aus den Ausflugsbooten im Wasser abgesetzt werden und dann den Strand watend oder schwimmend erreichen. Wir schauten dem Treiben aus der Ferne zu und bewunderten auch hier das blaue Licht aus der Tiefe.

Schließlich richteten wir unseren Kurs Richtung Norden, um wieder zur Insel Kefalonia zurückzu­kehren und ihrer Westküste folgend nach Norden zu fahren.  Zurückblickend konnten wir sehen, wie sich im Nordwesten von Zakynthos Nebel bildete. Unser Tagesziel war Argostoli, das  hinter der Land­zunge im Osten einer langen und weiten nach Süden offenen Bucht liegt. Auf dem Weg dahin mach­ten wir noch einen Badestopp südlich der Landebahn des Flughafens von Argostoli. Nach dem Ein­holen des Ankers frischte der Wind auf. Wir waren rechtzeitig dran, um vor dem Einlaufen in den Hafen mit viel Spaß bei halbem Wind aus Nord noch ein paar Seemeilen unter vollen Segeln gegen den Wind zu kreuzen.

Bild 9: Segeln vor Argostoli

Bald hatten wir den reichhaltig säulenverzierten Leuchtturm auf der Landzunge vor Argostoli pas­siert, holten die Segel ein und steuerten mit ca. 5 Knoten Richtung Hafen. Als wir die grüne Tonne der Hafeneinfahrt, die wir knapp ansteuerten, fast erreicht hatten, kam auf der Steuerbordseite von achtern eine Segeljacht offenbar mit Vollgas herangeprescht, schnitt uns den Weg direkt an der Tonne ab und querte weniger als ein Bootslänge vor uns auf die Backbordseite, damit sie überhaupt an der Tonne vorbeikam. Gleichzeitig schoss ein Katamaran ebenfalls unter Vollgas von achtern

heran, fuhr aber außerhalb des Fahrwassers an der grünen Tonne vorbei in Richtung des Steuerbord voraus liegenden Kais. Die Wettfahrt um die letzten Liegeplätze war eröffnet. An die Geschwindig­keits­begrenzung im Hafen hielt sich niemand. Eine weitere Segelyacht folgte hinter uns, blieb aber dort zurück.

Der Katamaran war wegen seiner Abkürzung schnell am Kai, drehte, warf den Anker und machte so breit fest, dass rechts und links davon noch je ein Platz für ein schmales Boot zu sehen war. Rechts neben ihm stand ein Mann, der gestikulierend offenbar dem „Schneider“ seinen Liegeplatz zeigte. Der „Schneider“ hatte aber sein Dinghy hinterher gezogen. Er hatte deswegen nun bei der Wende zum Ankerwerfen Probleme seinen Kram zu sortieren. Wir nutzten unsere Chance, fuhren mit ge­mäßigter Geschwindigkeit am „Schneider“ vorbei, kreuzten seinen geplanten Kurs zum Liegeplatz rechts neben dem Kat und steuerten zielstrebig den linken Platz neben dem Katamaran an. Kaum waren wir am „Schneider“ vorbei hörten wir ein vielstimmiges Brüllen und Pfeifen der dortigen Crew. Wir ließen uns nicht einschüchtern, drehten, warfen Anker befestigten eiligst die in der Hektik ver­gessenen Heckleinen und steuerten den letzten freien Liegeplatz an. Am Ufer gab es weder Hilfe von der Kat-Besatzung noch von anderen dort stehenden Personen. Ich setzte über, nahm die Leinen und legte sie über die Poller. Wir hatten festgemacht.

Danach hatten die „Schneider“ auch ihren Platz eingenommen. An deren Schiff gab es einen Tumult. Die dortige Crew ging von Bord, stellte sich zusammen, trank Dosenbier und beriet sich. Sie schauten immer wieder zu uns.

Bild 10: Im Hafen von Argostoli

Dann formierten sie sich, traten als Gruppe von 6 bis 8 Mann im Alter zwischen 25 und 35 Jahren an unseren Liegeplatz und wollten den Skipper sprechen. Ich trat ans Heck. Sie riefen und schimpften in englischer Sprache, wir hätten ihnen den Liegeplatz weggenommen, hätten ihren Kurs gekreuzt und hätten uns nicht richtig verhalten. „Shame on you“ wiederholten sie mehrfach laut und wild gestiku­lierend. Immer wieder trat ein anderer Mann aus der Gruppe, näherte sich unserem Heck und ging dann wieder zurück. Ich erklärte ihnen in unüberhörbarer Lautstärke, mit klaren einfachen Worten und unmissverständlicher Gestik, dass ihnen ein anderer Liegeplatzt angezeigt worden war,  dass sie nicht fürs Anlegen vorbereitet waren und dass wir im Recht waren. Jeder hatte einen Liegeplatz – „so what is your problem?“ Die Bande schimpfte noch eine ganze Weile und unterhielt sich am Kai. Inzwischen waren andere Personen aufmerksam geworden und sahen dem Treiben aus gebührender Entfernung von der bequemen Ufermöblierung gespannt zu. Ich fühlte mich wie mitten im Banden­krieg der Westside Story. Immer wieder schauten die Typen böse zu uns und palaverten. Schließlich zogen sie sich zurück.

Wir tranken unseren Anleger und erfreuten uns unseres zentralen Liegeplatzes im relativ mondänen Argostoli. Später konnten wir anhand der Flagge identifizieren, dass es sich offenbar um Serben handelte. Der Katamaran neben uns war übrigens mit Griechen besetzt, die schon gleich die Angeln ausgepackt und auch die ersten Fische gefangen hatten. Ehe wir zum Abendessen in die Stadt gingen, versicherte ich mich, dass die Katbesatzung den ganzen Abend auf dem Schiff bleiben würde. Ich hatte also nur wenig Bedenken vor einer abendlichen Sabotageaktion durch die serbische Crew.

Trotz der noblen Kaianlage gab es zur Versorgung nur Wasser und keinen Strom. Mülltonnen standen auch bereit. Zum Duschen musste man in ein Kaffee an der Promenade gehen. Um den genauen Ort zu finden, den der Kassierer der Hafengebühr genannt hatte, musste ich mich durchfragen. Ich hatte noch nie zuvor in einem fremden Land eine fremde Frau in einer für beide fremden Sprache gefragt, ob ich bei ihr duschen dürfe. Dabei gab es viele Risiken für Missverständnisse mit vielleicht fatalen Nebenwirkungen. Ich fand dennoch die richtige Form der Annäherung, die richtigen Worte und die Dusche mit WC. Die Crew hätte ich auch mitbringen dürfen. Wir duschten dann aber doch an Bord. Ich stellte mir vor, in Düsseldorf in Badeschlappen mit Kulturbeutel, Handtuch und frischer Wäsche unrasiert und ungekämmt über die Kö durch ein vollbesetztes Kaffee ins Hinterzimmer zu schlurfen und beim Gehen auf eine Gang düpierter und restalkoholisierter Serben zu stoßen. Das wollte ich nicht.

Am Mittwoch legten wir schon um 9:25 Uhr in Argostoli ab. Die Nacht war ruhig verlaufen, und die serbischen Gemüter hatten sich offenbar beruhigt. Wir fanden jedenfalls keine durchtrennten Leinen, keine Bierdosen und auch keine Weinflaschen auf der Enalia.

Beim Auslaufen mussten wir die vielen am Abend nach uns angekommenen Ankerlieger beachten und manövrierten umsichtig. Dabei konnten wir im Hafenbereich mehrere Meeres­schildkröten sehen. Manche streckten nur kurz den Kopf aus dem Wasser. Ein ganz besonderes Exemplar war in Rückwärtsfahrt plötzlich hinter uns. Die Schildkröte war gerade abgetaucht, aber auch im trüben Wasser noch gut zu erkennen. Sie hatte einen Durchmesser von ca. 1 m, und ihr Panzer war dicht von Algen bewachsen. Man konnte deshalb zwar die einzelnen Platten, aber nicht die detaillierte Zeich­nung erkennen. Sie tauchte sehr schnell ab, so dass durch unseren Propeller keine Gefahr bestand.

Unser Tagesziel war Fiscardo an der Nordspitze von Kefalonia. Wir wollten zügig vorankommen, um dann den evtl. gegen Nachmittag vor Fiskardo aufkommenden Wind zum Segeln nutzen zu können. Nach dem Verlassen der Hafenbucht von Argostoli richteten wir den Kurs nach Süden, um die breite Bucht zu verlassen. Die weit draußen im Meer liegenden Untiefen an der Südwestspitze von Kefalo­nia beachtend drehten wir dann langsam Richtung Norden um der Küstenlinie zu folgen. Die Steil­küste war von sehr wenigen Buchten unterbrochen.  Gelegentlich konnte man auch eine Blau­färbung erkennen, aber in der Morgensonne war an der Westküste kein besonderes Farbenspiel zu erwarten.

Ein markanter Punkt war Assos, ein sehr kleiner Hafen, der im Schutz einer kleinen aber hohen Land­zunge liegt, auf der sich eine weitläufige Befestigungsanlage befindet. Die Burgmauer auf Höhe des Plateaus zieht sich um die ganze Halbinsel. Vier Liegeplätze sollte es am Kai geben. Ein Katamaran war so platzraubend festgemacht, dass er alleine drei Plätze belegte.

Bild 11: Landzunge mit Festung vor Assos

Bild 12: Westküste von Kefalonia

Um 15 Uhr gingen wir also am gegenüberliegenden Ufer vor Anker und befestigten eine Landleine am Fels. Den Ort oder die Festung wollte niemand besichtigen. Deshalb schwammen wir im erfrischenden Wasser und genossen einen kleinen Bordimbiss.

Schließlich ging es weiter Richtung Fiscardo. Wie vermutet frischte der Wind an der Nordspitze von Kefalonia  auf, wo sich das Meer wieder Richtung Osten weitet. Wir nutzten die Gelegenheit erneut um Segel zu setzen, liefen dann aber gegen 17:30 Uhr Richtung Hafen, nachdem sich immer mehr Schiffe dorthin orientierten. Schon vor dem Hafeneingang lagen an der Nordseite an die 50 Schiffe und ganze Flotillen. Wir fuhren dennoch in den Hafen hinein, denn man konnte durchaus noch freie Plätze sehen. Wie sich beim Anlegemanöver herausstellte, waren die Plätze aber für die Dinghys „reserviert“. Leider machten uns auch die beobachtenden Einheimischen nicht frühzeitig darauf aufmerksam. Schließlich kam ein unfreundlicher Geselle und bedeutete, dass wir dort nicht anlegen dürften. Auf die Frage warum, antwortete er, morgen käme ein Schiff. Meine Entgegnung, dass wir nur die Nacht blieben beantwortete er mit „it is forbidden“. Ein Schild war nicht zu sehen. Wir dreh­ten dennoch ab und fanden eine Lücke zwischen zwei mit Abstand liegenden Booten an der Nord­seite. Die Suche nach dem geeigneten Platz für den Anker gestaltete sich schwierig. Offenbar ist die Hafeneinfahrt tief und steil. Seitenwind und ein wirkungsloses Bugstrahlruder erschwerten das Manöver zusätzlich. Aus Versicherungsgründen durften wir auch nicht tiefer als 20 m ankern. Des­halb kamen wir dem Ufer zu nahe, und die erste Landleine mussten wir wieder lösen. Beim zweiten Versuch den Anker zu werfen fingen wir den Anker eines  Bootes  am anderen Ufer ein. Er musste mühsam von unserem Anker gelöst werden. Schließlich fanden wir einen Ankerplatz, der alle Bedin­gungen erfüllte. Wir fuhren langsam und ohne Berührung rückwärts zwischen die Boote und legten zwei 45 m Landleinen an eine Pinie und an einen Felsen. Wir lagen sehr gut und fest zwischen einer sehr freundlichen und hilfsbereiten englischen Familie und einem sehr unfreundlichen Skipper, dessen Charteryacht man nicht mal mit einem Fender berühren durfte. Er hatte seinen Bug auch nicht mit Fendern ge­schützt. Seine Frau war aber umgänglich. Wegen des sehr langen und aufregenden Ankermanövers entschlossen wir uns zur Abendverpflegung mit Spaghetti und Tomatensauce aus unserer Bordküche.

Am Donnerstag fuhren wir in zwei Etappen mit dem Dinghy zum Frühstück in den Hafen. Das male­rische Gebäude vom Café Palazzo mit historischer Fassade auf der Südseite des Hafens zog uns an. Dort ließen wir uns köstlich bedienen mit griechischem Joghurt, Honig, frischen Früchten, Pfann­kuchen, griechischem Kaffee und anderen Leckereien. Dazu gab es Hafenmanöver zweier schwe­discher Crews mit auffälliger Leinenführung 10 m neben dem Tisch. Wir fühlten uns wie im Paradies.

Auf dem Rückweg ging ein Teil zu Fuß, der andere fuhr mit dem Dinghy. Um 11:30 Uhr legten wir ab, nachdem wir uns auch mit dem anfangs unfreundlichen Nachbarn, der offenbar gut geschlafen hatte und freundlich geworden war, so verständigt hatten, dass alle bequem ablegen konnten. Wir halfen auch den Engländern und alle waren glücklich. Allerding hatten auch die Engländer einen Fremd­anker eingesammelt. Bei der Gelegenheit konnten wir auch sehen, dass die Anker unserer Nachbarn an ganz anderen Stellen lagen, als sie uns am Vortag glauben machen wollten. Sie hatten natürlich Angst, dass wir unseren Anker über ihre Ketten legten, aber sie kannten die wahre Lage ihrer Anker gar nicht.

Abendziel dieses Tages war Spartachorion auf Meganisi. Den ursprünglichen Plan, der Westküste von Lefkas entlang zu fahren, hatten wir verworfen. Die nördliche Zufahrt in den Yachthafen von Lefkas 

Bild 13: Fahrt in den Hafen von Fiscardo

ging durch eine Drehbrücke, die nur zur vollen Stunde öffnet. Wir hätten mit viel Sicherheit planen müssen, um am Freitag um spätestens 17 Uhr den Heimathafen Lefkas zu erreichen. Die wertvolle Zeit wollten wir lieber mit einem Badeaufenthalt und mit Segeln verbringen.

Bild 14: Badestopp bei Insel Thilia

Auf der Fahrt nach Spartachorion machten wir einen Badestopp bei der winzigen Insel Thilia, die  im Kanal zwischen den Inseln Lefkas und Meganisi liegt. Wir waren das einzige Boot in der kleinen Bucht mit markanter schlanker und hoher Zypresse. Unser Boot war gleich von einem Schwarm Seebrassen umgeben. Wir schwammen und schnorchelten im warmen Meer. Bald nach dem Ablegen gelangten wir aus dem Kanal hinaus ins nach Osten offene Wasser. Dort frischte der Wind aus SW auf, wir setzten wieder alles Tuch und segelten nach Lust und Laune, denn Spartachorion lag gleich nebenan. Wir nutzten die ganze Breite der dortigen See, die wir mit gezählten ca. 100 anderen Segelbooten teilten.

Besondere Freiheit wollte ein jung gebliebener sportlicher Steuermann spüren, der zum Entzücken unserer Frauen an Bord auf 11 Uhr unmittelbar vor uns segelnd auch die allerletzte Hülle fallen ließ.  Mit viel Gefühl für die Bootslage segelte er am Wind weiter. Unser Mann am Steuer ließ aber auf halben Wind abfallen, damit an Bord wieder die volle Konzentration aller den Wenden und Halsen gelten konnte.

Um 17:15 Uhr holten wir die Segel ein und steuerten den kleinen Hafen von Spartachorion an. Vom Eigentümer des Schwimmsteges, der gleichzeitig Wirt der großen und einzigen Hafentaverne ist, wurden wir zum Anlegen zu einer roten Boje dirigiert, weil ein Gewitter mit starkem Wind erwartet wurde. „Die Boje hält 5 t“ erklärte uns der Einweiser stolz. Er half uns beim Festmachen und kam der Bitte, uns um 19 Uhr zum Abendessen abzuholen, gerne nach.

Bild 15: Appetit auf Red Snapper

Wir wurden in einem stark motorisierten noblen Schlauchboot mit rotem Teppich abgeholt und zum Steg gebracht. So früh waren wir bei den ersten Gästen und durften die persönliche Führung des Chefs zu den Vorspeisen, zur Fisch­theke und durch die Küche genießen. Gegrillter roter und weißer Snapper waren superfrisch und sehr begehrt. Er schmeckte sehr gut und war reichhaltig. Es war auch das teuerste Essen, das wir bei diesem Törn hatten. Der Liegeplatz war aber inklusive. Natürlich wurden wir auch wieder bequem zu unserem Boot an der roten Boje zurückgebracht.

Den Freitag begannen wir ohne Frühstück mit einem steilen Aufstieg in das Dörfchen Sparta­chori­on. Von einem Aussichtspunkt hoch über dem Hafen hatte man einen herrlichen Blick über die Bucht, nach Skorpios, bis weit in den Norden und Richtung Osten zum steil aufragenden Festland.

Bild 16: Blick von Spartachorion über Skorpios zum Festland

Bild 17: Blick auf die Bucht von Spartachorion

Ein kleines Stück weiter von der Terrasse liegt ein Kaffee mit einer neuen, herrlich großen über­dachten und gut vor der starken Sonne geschützten Terrasse, wo wir wieder ein leckeres Frühstück mit Croissants, frisch gepresstem Orangensaft und kräftigem Kaffee genießen konnten.

Nach dem Frühstück gingen wir erst die Straße und dann die lange Treppe runter zum Hafen. Unter­wegs konnten wir unser Boot an der Boje sehen. Fünf Minuten später im Hafen angekommen wun­der­ten wir uns über die Lage unseres Bootes zum Nachbarboot. Aus dieser Perspektive sah es so aus, als ob die Beiden zu nah beieinander lägen. Die ersten drei Personen wurden im Dinghy zum Boot gebracht. Zwei konnten gut übersteigen, dann drehte sich das Heck des Dinghys aber von Boot weg und die dritte Person platschte ins Wasser. Es war zum Glück ein völlig harmloser Sturz. Es gelang, die Tasche mit dem Handy sofort zu retten und die Person nahm das Bad mit Humor. Sie konnte ja schwim­men. Sie ging auch sofort unter Deck, um sich zu trocknen und umzuziehen.

Der zweite Teil der Crew sollte am Ufer abgeholt werden. Er bemerkte aber offenbar, dass etwas nicht stimmte. An Bord stellten wir nun fest, dass die Yacht dem Nachbarboot bedenklich nah gekommen war. Die Nachbarn waren auch schon besorgt. Schnell war klar, dass sich unsere Yacht auf rätselhafte Weise bewegt hatte, denn die Leine war unverändert fest an der Boje. Deshalb hieß es „All hands on deck“. Zwei Hände waren aber gerade nackig unter Deck. Sofort verlegten die anderen die Fender auf die Backbordseite, um einen Zusammenstoß mit dem Nachbarboot zu dämpfen. Parallel bemerkte ich, dass unser Boot mit der Boje zum felsigen Ufer hintrieb. Die Boje musste los­gerissen sein. Ich machte den Motor an und legte den Rückwärtsgang ein, damit die harte mit See­pocken bewachsene Boje von ca. 1 m Durchmesser nicht an der Bordwand scheuern konnte. Ich steuerte in weitem Bogen einen freigewordenen Liegeplatz am Schwimmsteg an. Inzwischen war man im Hafen und im Lokal auf unsere Situation aufmerksam geworden und bat uns, die Boje mit­zubringen. Auch am Strand und auf anderen Booten hatte man unser Malheur bemerkt. Schnell wurde der Heck­fender in Position gebracht und die Heckleinen befestigt. Wir legten mit Mooring­leine an. Die Leinen zur Boje wurden vorsichtig von den Bugklampen gelöst und die Boje zum Steg gezogen. Der Fährmann des Comfortschlauchbootes und ein Helfer hievten die schwere Boje samt Kette auf den Steg. Die sehr stabile Befestigungskette mit einer Materialstärke von ca. 15 mm endete mit einem geschlossenen Ketten­glied. Offenbar hatte sich der Schäkel, der diese Kette normaler­weise mit dem Bügel des Betonankers verbindet, geöffnet. Der Restaurantchef versicherte, dass die Boje erst im vergangenen Jahr kontrolliert und ordnungsgemäß befestigt worden war. Das half uns nicht, aber wir hatten glücklicherweise keinen Schaden erlitten. Wir waren ja gerade noch rechtzeitig vom Frühstück zurückgekommen, und das kleine nächtliche Gewitter war auch nicht so schwer gewesen wie ange­kün­digt. Andernfalls hätte sich der Schäkel bestimmt schon in der Nacht gelöst. Als Lohn für die Bergungs­aktion schenkte uns der Chef drei Flaschen Ouzo. Er gab uns auch noch den Tipp, im Nachbarhafen auf der Insel Lefkas und nordwestlich von Skorpios zu tanken, um uns die lange Wartezeit im Hafen von Lefkas zu ersparen.

 Schließlich legten wir um 11:40 Uhr ab und steuerten die Tankstelle etwa 1 sm nördlich von Nydri an. Wir wurden sofort bedient und konnten nach wenigen Minuten schon wieder ablegen. Geplant war, noch zwei Badebuchten weiter nördlich von Nydri anzusteuern, aber kurzfristig ging es Richtung Osten zur vermeintlich schönen tief eingeschnittenen Bucht Ormos Vathy Limani. Die in der Seekarte eingezeichnete Fischzucht am Eingang der Bucht ließ wenig Gutes erwarten. Nach einer Runde durch die Bucht mit Fischgeruch drehten wir ab und fanden einen Ankerplatz ½ sm westlich in einer vom Nordwestwind  angeströmten Bucht mit leichtem Seegang. Die Fischzucht lag also auf der Leeseite.

Bild 18: Helfer beim Bergen der Festmacherboje vor Spartachorion

Mit Anker, langer Landleine sowie besonderer Aufmerksamkeit auf die Position bei nur 2,1 m Tiefe ab Wasserlinie und sehr nah an der Küste konnten wir ein letztes Bad im warmen Wasser nehmen. Der Strand war tief mit kleinen glattgeschliffenen Kieseln belegt, von denen die Fußsohlen sanft massiert wurden. Es war unser einziger Stopp am griechischen Festland.

Danach kreuzten wir unter vollen Segeln jede noch mögliche Seemeile gegen den Wind, ehe wir uns in die Prozession durch den Kanal zum Hafen von Lefkas einreihten.

Nach der Vorbeifasddhrt an der Schlange zur Tankstelle am Steg von Ble Yachting angekommen, ließ man uns nicht anlegen. Die Tankquittung wurde nicht akzeptiert. Wir mussten erneut zur Tankstelle auch wenn wir nur 2 Liter tanken müssten, so rief man uns zu. Nach Erklärung, dass wir nur eine Bestätigung brauchen, ließen uns andere Boote vor zur Tankstelle auf der Südseite des Steges. Der Tankwart wies uns aber ab. Wir legten auf der Nordseite der Tankstelle längsseits an. Ich ging zur Tankstelle und sprach die nächste dort stehende Person an. Ich erklärte unsere Situation. Der Mann gab sich als der Manager von Ble Yachting zu erkennen, mit dem ich schon das Kühl­wasser­­problem am Telefon verhandelt hatte. Ich zeigte ihm die Tankquittung von Nydri und machte ihm klar, dass es keinen Sinn machte, erneut an die Tankstelle zu gehen. Telefonisch wies er seine Mannschaft an, uns anlegen zu lassen. Dann ging alles Weitere glatt. Wir waren pünktlich und hatten keinen Schaden am Boot. Der Taucher hat auch nichts gefunden. Wir konnten schon alles einpacken und danach ent­spannt duschen. Jetzt hatte jeder wieder die volle Verantwortung für sich selbst.

Bild 19: Einfahrt in den Kanal zwischen dem Festland und Insel Lefkas

Beim Auschecken im Büro gab ich Rückmeldung zu den nicht funktionierenden Standanzeigen von Frisch­wasser, Abwasser und Diesel, zur defekten Logge, zum Kühlwasserproblem und zur nicht perfekten Behandlung beim Anlegen ohne erneuten Tankstellenbesuch. Die schnelle Hilfe beim Kühlwasser­problem erwähnte ich als sehr positiv.

Ich habe noch nicht geschrieben, dass wir in dieser Woche ganztägig stahlende Sonne, warme Luft und ebenso warme wie erfrischende Wassertemperatur hatten. Vor dem ersten Auslaufen hatten wir die Sprayhood runtergelegt und in der ganzen Woche nur für vielleicht eine Stunde  wieder hoch­gemacht. Im Fahrtwind unter dem  vor der Sonnenstrahlung schützenden Bimini Top konnten wir die freie Sicht aufs Vordeck, die Genua, das Meer, das Land und den Himmel  genießen. Der Törn war dennoch alles andere als eine Kreuzfahrt. Er war schon eher eine kleine Abenteuerreise, die uns dem Alltag entriss und uns allen neue wertvolle Erfahrungen brachte.

Am Abend gingen wir wieder ins Zentrum des sehr lebhaften Lefkas zum Abschlussessen in eine Taverne und zum Dessert an der Eisdiele.

Am Samstag gab es ein schnelles Frühstück an Bord. Dann wurden wir pünktlich um 7:30 Uhr zum Flughafen abgeholt. Wir mussten an der Drehbrücke nicht warten und waren früh genug für alle Kontrollen am Flughafen. Die Maschine startete pünktlich und kam ebenso pünktlich in Frankfurt an.

Ein herrlicher und erlebnisreicher Törn war ohne Verletzung, Erkrankung, Schaden oder Verlust gut zu Ende gegangen. Die vielen tollen Erlebnisse werden mir lange in guter Erinnerung bleiben.

Stefan Maixner

Veröffentlicht: 25. Juli 2022

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