Gegen den Wind durch die dänische Südsee (Rund Fünen)

23. Juni 2013 | Arnold Wilhelm, Hans-Jürgen Brammer, Jürgen Brom, Ralf Weiser, Alexander Ottmann

07.06.2013 / Heiligenhafen

Vor der Charterbasis im Yachthafen wollte sich die Crew treffen. Gegen 1800 Uhr waren dann auch alle anwesend. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Vercharterer und einem ersten Blick auf unsere Yacht, eine Hanse 370 mit dem schönen Namen „Uschi X“, fuhren wir erst einmal nach Fehmarn.

Im „Goldenen Anker“, einem urigen Lokal am Hafen von Burgstaken, zwischen den Silotürmen und den Hallen der Fischereigenossenschaft gelegen, wollten wir uns mit richtig frischem Fisch stärken...

Gegen 2100 Uhr waren wir zurück und gingen an Bord. Unsere Charter begann eigentlich erst am nächsten Tag, aber wir hatten mit der Basis vereinbart bereits am Abend vorher einzutreffen und an Bord zu übernachten um dann früh starten zu können.

Es kam natürlich anders, aber das kennt man ja! Das hatten wir ja auch schon bei der Törnplanung, denn ursprünglich sollte es ein 2-Wochentörn zu den Erbseninseln (Christiansö, östlich Bornholm) werden. Als sich im Vorfeld heraus stellte, dass für einige Crewmitglieder nur ein 1-Wochentörn möglich war, musste das Ziel geändert werden. Das Risiko, die Strecke zu den Erbseninseln innerhalb einer Woche zu realisieren, war einfach zu groß. Außerdem hätte die Beibehaltung dieses Ziels bei einer Woche Törndauer bedeutet, dass wir nonstop durchfahren, die Erbseninseln besichtigen und dann nonstop hätten zurück fahren müssen. Hätten wir dann noch gegen den Wind kreuzen müssen, wäre es eng geworden. Unter dieser Voraussetzung entschieden wir uns gleich für „Plan B“ (dänische Südsee) und vertagten die Erbseninseln auf später.

08.06.2013 / Heiligenhafen

Nach einem frühen Frühstück wurde das Schiff gecheckt um schon gut vorbereitet zu sein, wenn um 0930 Uhr die Übergabe durch den Vercharterer ansteht. Bei einem Vortreffen hatten wir bereits aufgeteilt wer was überprüft. Hierdurch waren alle nur mit einem Teilbereich in diese Aufgabe eingebunden. Der Check war so dann schnell erledigt. Dabei stellten wir fest, dass eine recht neue Yacht und der Firmenname „1. Class Charter“ nicht unbedingt halten was sie versprechen. Oder waren wir aus Erfahrung vielleicht zu pingelig? Wie auch immer, es gab Einiges was uns nicht gefallen konnte. Manches konnte noch in Ordnung gebracht werden. Mit einigen nicht sicherheitsrelevanten Mängeln, die auf die Schnelle auch nicht beseitigt werden konnten, entschlossen wir uns zu leben um endlich ablegen zu können. All dies führte aber dazu, dass wir doch erst gegen 1300 Uhr ablegen konnten. Zwischendurch wurden die Bordgetränke, soweit es Büchsen waren, ans Boot geliefert. Ralf hatte es übernommen pfandfreie Getränkebüchsen zu ordern. Der Skipper musste die Pfandfreiheit offiziell deklarieren und eine Verpflichtung unterschreiben, dass die Büchsen erst außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer geöffnet werden.

Mit Motor raus aus dem Hafen, bei der letzten grünen Tonne Kurs Nord. Gleich danach wurden bei 4 Bft aus NO die Segel gesetzt. Mit Erreichen des Fehmarnsund-Fahrwassers wechselten wir unseren Kurs Richtung W bis wir gut klar vom Flüggesand waren. Dann ging es hart am Wind nach Norden, in den großen Belt, nach Dänemark. Die Gastlandflagge wehte inzwischen unter der Steuerbordsaling - unter der Backbordsaling hing natürlich von Anfang an der SRN-Clubstander. Da wir so spät weg gekommen waren planten wir erst mal Bagenkop (Langeland) als Tagesziel. Weil es aber so gut lief und weil es im Norden lange hell ist entschieden wir uns gegen 18.45 Uhr statt Bagenkop weiter anzusteuern lieber gleich bis Spotsbjerg zu segeln. Auf unserem Kurs entlang einer der meist befahrenen Seeschifffahrtsstraßen wurde eindrucksvoll deutlich, wie schnell die seegehende Berufsschifffahrt fährt und wie wichtig es ist, die eigene Kursabsicht rechtzeitig und eindeutig bekannt zu geben. Gegen 20:15 Uhr passierte uns dann auch noch eine „Aida“.

An Bord hatten sich inzwischen die ersten Routinen eingespielt. Eine feste Aufgabenverteilung war nicht geplant, doch jeder hatte Interessenschwerpunkte, die er in der Praxis umsetzen wollte. Bei Alex und Christoph waren dies Routenplanung, Navigation und Logbuchführung. Ralf wollte auf seinen ersten Seetörn Seemannschaft kennenlernen und die Buchtheorie verstehen. Er fand sich sich erstaunlich schnell in die Yachtbedienung hinein und erwies sich schon nach kurzer Zeit als verlässlicher Steuermann - auch bei höherer Welle. In der Pantry setzte Jürgen täglich neue Akzente auf hohem Niveau. Hans-Jürgen (erfahrener Skipper) versorgte uns mit Wetterdaten. Ansonsten wollte er diesmal einfach nur mitfahren. Und Arno war wieder einmal Skipper. Bei Segelmanövern und am Steuer engagierten sich alle ohne Ausnahme – da zeigte sich Seemannschaft pur. In Spotsbjerg waren wir dann um 2220 Uhr fest und hatten die ersten 56 sm unseres Törns hinter uns. Ein langer Tag, alle glücklich und dann zauberte Jürgen auch noch ein kulinarische Highlight: Dorsch mit Bratkartoffeln und Salat. Der erste Anker (analog Stern im Guide Michelin) wurde ihm von der Crew verliehen.

09.06.2013 / Spotsbjerg (Langeland)

Gestern Abend war es spät geworden und heute morgen war ganz klar, die Bordroutine hat sich noch nicht eingespielt. Die Folge: erst um 1140 Uhr legten wir ab. Ganz entgegen der Wettervorhersage hatte der Wind nicht geraumt sondern etwas geschralt, so dass wieder Kreuzkurse angesagt waren. Dabei hätten wir so gerne halben bis raumen Wind gehabt um unseren Gennaker setzen zu können. Schließlich sollte dieser Törn nicht nur Segelurlaub sondern auch aktives Segeltraining sein. Insbesondere der richtige Trimm stand beim Skipper auf dem Programm. Immer wieder kam deshalb seine Frage ob Ruderdruck besteht und ob leichte Luvgierigkeit vorhanden ist. Immer wieder wurden die Segel nachgetrimmt und zentimeterweise die Schoten geholt oder gefiert bis alles stimmte. Analog war es bezüglich Krängung und Speed und deshalb entsprechender Segelstellung und -größe. In Fahrt ein- und ausreffen – nach mehrmaligem Machen kein Problem mehr. Immer wieder kam bei Amwind-Kursen auch der Hinweis an den Mann am Rad, den ersten halben Meter der Genua hinter dem Vorstag zu beobachten. Das Ergebnis war augenfällig. Unser Schiff lief wie auf Schienen, mit hoher Fahrt (bei entsprechendem Wind über 8 kn) und auf dem Ruder total neutral.

Gegen Mittag verwöhnte uns die Pantry mit leckeren Sandwiches; um 1710 Uhr fuhren wir unter der Storebaeltsbrücke (das Ding ist gigantisch) durch und nach 44,5 sm machten wir um 2030 Uhr in Kerteminde (Fyn) fest. Danach: zweites kulinarisches Highlight und 2. Anker für Jürgens Kochkunst: Steak mit Spargel an Salzkartoffeln und Salat (was mit 2 Kochstellen und einem Backofen machbar ist, wurde von ihm auf diesem Törn voll ausgereizt).

10.06.2013 / Kerteminde (Fyn)

Heute, am dritten Tag stellt sich schon Bordroutine ein. Bereits um 1000 Uhr verließen wir den Hafen. Der Wind bläst immer noch aus NE. Es bleibt also bei gegenan, denn wir wollen nach Samsö. Gegen 1330 – der Wind hat etwas nachgelassen – sichten wir Schweinswale in nächster Nähe, die uns auch ein paar Minuten lang begleiten.

Nach passieren von Paludaus Flak laufen wir gegen 1900 Uhr in den Hafen von Volby Kas ein und machen hier nach 35 sm an der Außenmole längsseits fest. Ein kleiner Rundgang führte bis zum Kro, dem einzigen Haus an dem wir Menschen sahen. Das musste genutzt werden und wir bestellten spontan Öl und Ristet Pölser (Bier und dänische HotDog). Mehr Ruhe als hier muss man wirklich suchen. Unter den vielleicht zehn Schiffen im Hafen sind wir die einzige Gastyacht und nachdem die Besatzung eines Arbeitsschiffes Feierabend hatte waren wir auch die einzige Crew im Hafen. Also Dinner an Bord: für Tomatensalat, Spaghetti und Soße wird etwas später am Abend der 3. Anker verliehen.

11.06.2013 / Volby Kas (Samsö)

Der Wetterbericht meldet NW 3-4 Bft, auf W und später auf SW drehend. Kommt also genau von dort wohin wir wollen - zum Lille Bælt. Und wir hatten gehofft, dass der Wind wie vorhergesagt weht und wir den Gennaker auspacken können. Was soll´s, inzwischen sind wir ja das Kreuzen gewohnt, auch, dass die Vorhersage der Windrichtung nicht immer stimmt und dass es meistens stärker weht als angesagt. Wichtig ist nur, dass die goldene Regel - die Crew muss warm, trocken und satt sein – eingehalten wird. Für „satt“ sorgte um die Mittagszeit eine riesige Portion Nudelsalat. Mit gaaanz langen Schlägen steuern wir unser Ziel, den winzigen Hafen Stryb auf Fyn an. Unterwegs gab es noch einmal eine Begegnung mit 5 oder 6 Schweinswalen, die dicht an unsere Bordwand kamen und uns minutenlang begleiteten. Als wir nach 60 sm in Stryb festmachen ist es 2050 Uhr. Menue: Lammlaxe, Rosmarinkartoffeln, Ratatouille. Die Crew zeichnet den Smutje mit dem 4. Anker aus.

12.06.2013 / Strib (Fyn)

Weil ein ganz langer Schlag geplant war musste der Start auch früher sein. Wir starteten deshalb schon um 0815 Uhr. Entgegen der Windvorhersage in den ersten Tagen blies es jetzt mit 4-5 Bft aus S, später aus SE. Also wieder mal genau von da wohin wir wollten. Für die enge Durchfahrt des Lille Bælt nahmen wir den Motor zu Hilfe, denn bei Wind von vorn hätten wir sonst viele Stunden kreuzen müssen. Dafür hatten wir bei der geplanten Tagesstrecke nicht die Zeit. Um 1145 Uhr lag die enge Strecke hinter uns und wir konnten Segel setzen – endlich kein Motorgeräusch mehr! Zum weiteren Tagesverlauf ist nur zu sagen: kreuzen, kreuzen, kreuzen. Manchmal etwas Regen und immer bedeckter Himmel. Die Crew konnte das alles ab.

Um 2120 Uhr und nach 76 sm laufen wir den kleinen aber sehr schönen (noch nicht ganz fertigen) Hafen von Mommark an. Alle Leinen fest, Brötchen für den nächsten Morgen beim Hafenmeister bestellen. Fertig. Nach einem langen Seetag soll auf ein aufwendiges Dinner verzichtet werden. Deshalb: hervorragende Spaghetti Carbonara. Der 5. Anker wird verliehen. Auch, weil die Zubereitung unter verschärften Bedingungen erfolgte, denn das Bodenbrett im Pantrybereich war durchgebrochen und trotz Reparaturversuch (Abstützen des Fußbodens durch unterklemmen von Bierbüchsen) war es ziemlich unmöglich vor dem Herd zu stehen.

13.06.2013 / Mommark (Als)

Der Wetterbericht verkündet Windstärke 2, 3, 4 aus S, Dunst sowie Schauer und Regen. Der Tagesablauf bestätigt die Vorhersage. Ohne Ölzeug geht es nicht.

Wir starten um 0920 Uhr und wollen ein Ziel ansteuern, von dem aus am nächsten Tag der Ausgangshafen egal bei welchem Wetter sicher erreicht werden kann. Angesagt ist für morgen Starkwind ab 7 Bft. Ziel ist deshalb zumindest Bagenkop. Da sich die Windrichtung an den Wetterbericht hält, sind lange Halbwindschläge möglich. Mit der Zeit briest es etwas auf, so dass trotz einem Reff im Groß viel Speed erreicht wird. Diese Phase wird voll ausgenutzt. Bagenkop lassen wir deshalb an Backbord liegen und steuern Orth als neues Ziel an.

Mit viel Seitenwind sind wir dort um 1930 Uhr fest. Tagesstrecke 56 sm. Noch während des Anlegens setzt Starkregen ein, der die ganze Nacht über anhält. Diese Crew stört das gar nicht, denn unter Deck ist es trocken und warm und zum Dinner gibt es Boeuf Stroganoff mit Bandnudeln. Da ist die Verleihung eines 6. Ankers fällig.

14.06.2013 / Orth (Fehmarn)

Der Regen prasselt um 0600 Uhr immer noch auf´s Deck. Wie angekündigt hat der Wind auf 7 Bft aufgefrischt. Da bleibt man besser noch in der Koje! Um 0700 Uhr ist der Regen vorbei und außerhalb des Hafens sind jede Menge Wind- und Kitesurfer auf dem Wasser – natürlich alle dick Neopren geschützt. Wir lassen uns Zeit, denn die Reststrecke nach Heiligenhafen ist überschaubar. Die Charterbasis wollen wir trotzdem früh erreichen, damit ausreichend Zeit ist um die gebrochenen Bodenbretter zu reparieren bevor eine neue Crew kommt.

Nach einem gemütlichen Frühstück starten wir um 1100 Uhr. Das Ablegen bei immer noch starkem Seitenwind ist recht haarig. Damit der Flaggenstock und die Festmacher-Pfähle nicht kollidieren können, nehmen wir vorsorglich den Flaggenstock vor dem Ablegen weg. Kurz danach: alles klar! Jetzt geht es nur noch geradeaus, über den Fehmarnsund und dann Richtung S nach Heiligenhafen. Im Sund hat sich bei 7 Bft - und in Böen mehr - eine eklig hohe und kurze Welle aufgebaut, die uns fast dwars anläuft und das Boot stark schwanken lässt.

Alex schlägt vor, Lifewesten und Lifebelts anzulegen. Recht hat er! Also Ausführung sofort! Dass es draußen heftig war bekamen wir später, im Hafen, eindrucksvoll vorgeführt. Einer nach uns einlaufenden Yachten war ca. 2 m über dem Deck der Mast abgebrochen.

Wie auch immer - der Törn ist zu Ende. Wir sind um 335 sm Erfahrung reicher. Keine besonderen Vorkommnisse sind laut Skipper das Beste, was man nach einem Törn sagen kann.

Wir packen, fahren wieder nach Hause und wissen genau: Nach dem Törn ist vor dem Törn.

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